3D-Bauplanung im virtuellen Umspannwerk
Die Schaffung des Digitalen Zwillings vom Umspannwerk Falkenberg war im vergangenen Jahr ein zukunftsweisender Schritt für MITNETZ STROM in die virtuelle Welt. Doch die dreidimensionalen Abbilder der realen Netzinfrastruktur sind nicht nur für die Bewertung des Ist-Zustandes von hohem Wert, sondern auch für die Projektierung und Planung des künftigen Netzes. Darauf verweist Jens Hache, der bei MITNETZ STROM als Projektleiter Digitalisierung zuständig für das Programm „intelligenter Netzbetrieb 2030“ und damit für die Koordination, Pilotierung und Umsetzung verschiedener Anwendungsfälle rund um die Digitalisierung ist.
„Wenn wir auf Basis einer 360-Grad-Visualisierung Digitale Zwillinge schaffen, die dreidimensional unsere Netzobjekte inklusive aller Sachdaten abbilden, erhalten wir virtuelle Instanzen der in Wirklichkeit existierenden Objekte, die darüber hinaus auch Echtzeitinformationen der realen Vorbilder liefern. Die naheliegende Idee ist, diese Informationen auch beim Überplanen, also beim Ausbauen von Umspannwerken, und beim Planen von Neubauten zu verwenden und damit Zeit und Kosten zu sparen“, erklärt Hache.
Digitale Zwillinge existierender Umspannwerke dank Laserscans
Fachsprachlich werde dabei zwischen „Greenfield“ – also dem Neubau auf der „grünen Wiese“ – und „Brownfield“ unterschieden, was die Erweiterung, Sanierung oder Wiederverwendung bestehender Objekte beschreibt. „Durch 360-Grad-Visualisierungen mit Hilfe von Laserscans modellieren wir Digitale Zwillinge existierender Infrastruktur. Wir können diese Daten dann als Grundlage für die Planung neuer Energieanlagen – beispielsweise von Umspannwerken – nutzen“, so der Experte. Auf diese Weise würden die für das CAD-Modell (computergestützte Modellzeichnung) benötigten Daten schneller und günstiger erzeugt als beim aufwändigen Vermessen und Zeichnen der realen Pendants vor Ort.
„Die Arbeit mit 3D-Modellen wird Vieles erleichtern“, zeigt sich Hache überzeugt. „Zum einen sind nicht alle heutigen Prozesse durchgängig digitalisiert. Zum anderen gibt es aufgrund der verschiedenen Software-Tools der unterschiedlichen Anbieter viele Schnittstellen. Das alles sorgt für Informationsverluste. In einem dreidimensionalen Abbild ließen sich die verschiedenen Gewerke wie Elektrik, Hoch- und Tiefbau aber auch Telekommunikation und Wasser auf einer digitalen Plattform viel besser koordinieren.“ Zur Verdeutlichung verweist er auf die Planung eines Einfamilienhauses am Computer, bei dem die Einbauküche direkt ins 3D-Modell platziert werden kann und notwendige Änderungen in der Gesamtplanung etwa des Wasseranschlusses direkt im Modell erfolgen kann.
Planung am virtuellen 3D-Modell statt mit Lineal und Bleistift
Was früher am Reißbrett mit Lineal und Bleistift seinen Anfang nahm und dann am Computer für jede einzelne Zeichnung in digitale zweidimensionale Grafiken übertragen wurde, würde durch ein 3D-Modell erheblich einfacher, anschaulicher und übersichtliche. Zudem sei es wesentlich informativer, da alle relevanten Daten hinterlegt werden könnten, meint Jörg Fischer, der als Projektmanager bei der MITNETZ STROM verantwortlich für die Projektierung von Umspannwerken ist. „Die Vorteile liegen auf der Hand: Wir können uns vorab schon alles anschauen und die entsprechenden Fachfirmen dazu hören. Zudem lassen sich eventuelle Probleme im Objekt oder Umfeld früher erkennen“, erklärt er.
„Randbebauung, Geographie, umgebende Infrastruktur, selbst die Planung des Transportweges für den Transformator – alle diese Informationen fließen mit ein und können damit in einer frühen Planungsphase Berücksichtigung finden“, so der Experte. „Diese Vision treibt uns an, unsere Prozesse und deren IT-Unterstützung in Richtung einer 3D-Modellbasierten Planung weiterzuentwickeln. Die notwendige Infrastruktur dafür schaffen wir mit dem Aufbau des digitalen Zwillings.“
Erster Anwendungsfall bereits verwirklicht
„Einen ersten Anwendungsfall haben wir bereits am Start: Mit Hilfe eines 3D-Modells kann beim Neubau eines Umspannwerkes die Grundstückssuche in einer frühen Planungsphase unterstützt werden. „Mit Informationen aus öffentlichen Quellen können mögliche Hürden, etwa bei Umweltfragen, beim Gewässerschutz oder in Bezug auf mögliche Altlasten, schneller abgeklärt werden, um später weniger Hindernisse zu haben“, erläutert der Projektmanager.
„Je mehr Informationen wir in dem virtuellen Abbild implementieren, desto mehr können wir Planungszeiten verkürzen und Kostenvorteile bei der Beschaffung von Grundstücken realisieren“, fasst Fischer zusammen. Auch hierfür hat er ein einfaches Beispiel: „Dank hinterlegter geografischer Daten können wir bereits zu Beginn der Planung bestimmte Bereiche, wie zum Beispiel Hanglagen, vermeiden, da diese für den Bau von Umspannwerken ungünstig sind.“