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Wenn der Strom weg ist - Krisenmanagement bei MITNETZ STROM, Teil 3

Im letzten Teil unserer Artikelserie zum Krisenmanagement haben wir beschrieben, wie wir uns auf unvorhergesehene Großereignisse mit Auswirkung auf die Stromversorgung vorbereiten. In diesem Beitrag möchten wir Ihnen die Krisenbewältigung vorstellen und Ihnen zeigen, was hinter den Kulissen passiert, wenn das Ereignis tatsächlich eintrifft.

 

Mit einem solchen Großereignis waren wir erst vor wenigen Wochen konfrontiert.  Sturmtief Ignatz fegte über das Netzgebiet der MITNETZ STROM, richtete verheerende Schäden an und verursachte großflächige Stromausfälle.

 

Es wird stürmisch - wenn sich ein Ereignis ankündigt

Die Schaltleitung der MITNETZ STROM ist die zentrale Überwachungs- und Steuerungsstelle des Stromnetzes. Die Mitarbeiter dort kontrollieren rund um die Uhr die Sicherheit des Stromnetzes und greifen wenn nötig steuernd ein. Die Arbeit ist am ehesten vergleichbar mit Fluglotsen im Tower eines Flughafens. In einer solchen Ausnahmesituation ist die Schaltleitung der Dreh- und Angelpunkt.  Hier werden unter anderem auch regelmäßig Wettervorhersagen für unser Versorgungsgebiet ausgewertet.

Wenn absehbar ist, dass eine für die Stromversorgung kritische Situation eintreffen wird, stimmen sich die Kollegen von Schaltleitung und Betrieb kurzfristig zur aktuellen Lage  ab. Beraten wird dabei auch, ob das Ausrufen einer  Eskalationsstufe notwendig ist. Eskalationsstufen sind nach bestimmten Kriterien festgelegte Szenarien, die dann genau definierte Einzelmaßnahmen auslösen.

Im Falle von Sturmtief Ignatz war relativ schnell klar, dass wir eine Eskalationsstufe würden ausrufen müssen. Immerhin wurden orkanartige Böen prognostiziert. Entsprechend wurde Personal verstärkt, die Störreserve geprüft, Bereitschaften aktiviert und regulär geplante Bau- und Instandhaltungsmaßnahmen eingestellt. 

 

Im Auge des Sturms - Störungseintritt

Es ist soweit, der Sturm ist im Netzgebiet der MITNETZ STROM angekommen. Das sehen die Kollegen in der Schaltleitung nicht nur mit einem Blick aus dem Fenster, sondern auch an ihren überdimensionalen Bildschirmen. Im sogenannten Netzleitsystem haben sie einen genauen Überblick über das komplette, riesige Netzgebiet der MITNETZ STROM mit allen seinen Elementen wie Leitungen, Trafostationen und Umspannwerken. 

Mitarbeiter am Schreibtisch vor Monitoren der Schaltleitung in Taucha

Hier können die Netzwächter auch genau nachvollziehen, wo im Netz der Sturm zu Stromausfällen führt und wie viele Unternehmen und Haushalte von den Ausfällen betroffen sind.  Dazu analysieren die Kollegen eingehende Meldungen, Messwerte und Schalterstellungen, werten Meldungen zu Erdschlüssen, Schutzanregungen und Grenzwerten aus. Die Verschaffung dieses ersten Überblicks dauert auf Grund der großen Erfahrung der Kollegen und dem hohen Digitalisierungsgrad in der Leitstelle nur wenige Minuten.

 

Schnelles Handeln gefragt - Störungsaufklärung

Dann ist schnelles Handeln gefragt. Zunächst muss zügig die Störung eingegrenzt werden. Teilweise kann durch Umschaltungen per Fernwirktechnik nach Ausfällen schnell wiederversorgt werden. Wenn das nicht ohne weiteres möglich ist oder detailliertere Informationen notwendig sind, muss ein Mitarbeiter des Betriebs vor Ort fahren.

Beispiel: Ausschnitt einer Fehlersuche am Beispiel einer Störung in der Ortschaft Sielow.  Nach Kontrolle der Trafostation Sielow-Mitte wurde durch den Monteur festgestellt, dass im 20 kV-Abgang Sielow-Mitte der Leistungsschalter ausgelöst hat. Dadurch waren sechs Mittelspanunnungsstationen spannungslos.

Dazu wird ein Aufklärungsauftrag in ein Ressourcenmanagementsystem eingestellt. Dieses weist den Auftrag einem unserer Monteure mit entsprechender Qualifikation, Verfügbarkeit und örtlicher Nähe zu. Der Monteur fährt dann vor Ort, um den Fehler mit Hilfe der Schaltleitung zu lokalisieren (Auswertung der Fehlerortanzeiger).

Im nächsten Schritt erhält er von der Schaltleitung spezielle Schaltkommandos zur Wiederversorgung spannungsloser Kunden. Wenn keine Wiederversorgung durch Umschaltung möglich ist, können auch Netzersatzanlagen zur mobilen Stromversorgung zum Einsatz kommen.

 
Im erleuchteten Cockpit eines Fahrzeugs arbeitet ein Techniker nachts an einem portablen Eingabegerät

 

Damit das Licht schnell wieder angeht - Reparatur der Fehlerstelle

Nach Abschluss der Fehlereingrenzung erteilt der Diensthabende der Schaltleitung dem Anlagenverantwortlichen, also dem Monteur vor Ort, die Verfügungserlaubnis für das fehlerbehaftete Betriebsmittel. Dieser führt dann zunächst Sicherheitsmaßnahmen vor Ort durch. Sofern eine ausführende Firma als Arbeitsverantwortlicher beauftragt werden muss, übernimmt er auch die Abstimmung und Einweisung für diese. Dann erfolgt die eigentliche Reparatur der Fehlerstelle. 

Bei extremen Wetterereignissen wie Orkanen besteht dabei oft die Herausforderung, dass der Zugang zur elektrischen Anlage (Trafostation) erschwert ist bzw. erst einmal verschafft werden muss. Zum Beispiel war beim Sturmtief  die Durchfahrt oft durch querliegende Bäume erschwert. Auch überschwemmte oder zugeschneite Straßen können ein Problem sein. Dies verzögert sowohl die Störungseingrenzung als auch die Wiederversorgung.

Zwei Techniker mit weißen Helmen und portablem Eingabegerät vor einer Anlage

 

Transparent und offen - Kommunikation und Information

Bei Großereignissen mit weitflächigen Stromausfällen besteht verständlicherweise ein erhöhtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit. MITNETZ STROM ist es wichtig, dass betroffene Kunden/Bürger, Kommunen und die Medien transparent und zeitnah informiert werden. Daher haben wir verschiedene Kommunikationskanäle eingerichtet, die in einer solchen Situation zum aktuellen Stand informieren und gleichzeitig Anlaufstelle für Betroffene sind. 

SMS für die Kommunen

Seit vielen Jahren bieten wir für Kommunen einen SMS-Service an. Bürgermeister und Landräte bekommen von uns eine Nachricht auf Ihr Mobiltelefon, wenn eine bestimmte Schwelle unversorgter Kunden in ihrer Kommune überschritten wird. In der Folge erhalten die Kommunen weitere Nachrichten, um über Abarbeitungsfortschritt bzw. Ende der Störung informiert zu werden. Zusätzlich gibt es für Kommunen separate Einwahlnummern, um Kontakt zu uns aufzunehmen.

E-Mail an Rettungsleitstellen

Bei Großereignissen rufen besorgte Bürger oft auch bei Notrufnummern von Polizei und Feuerwehr an. Wir informieren daher zeitnah die Rettungsleitstellen, damit sie im Falle von Anfragen durch Bürger über das Störungsgeschehen bereits Kenntnis haben.

Pressemitteilungen und Social Media für Medien und Öffentlichkeit

Selbstverständlich halten wir auch die Medien wie Zeitungen, Newsportale, Fernsehen oder Radiosender zu Großereignissen auf dem Laufenden. Die Pressemitteilungen werden an einen Presseverteiler versendet und immer auch auf unserer Internetseite im Pressebereich veröffentlicht. Beim Sturmtief Ignatz haben wir bereits kurz nach dem Eintreffen des Sturmtiefs in unserer Region eine Pressemitteilung veröffentlicht (13.00 Uhr). Hier haben wir unter anderem über die Anzahl der unversorgten Kunden und betroffener Landkreis informiert. Einige Stunden später haben wir ein Update zur aktuellen Lage veröffentlicht. Die Berichterstattung erfolgt dann so lange, wie auch das Großereignis anhält.

Um eine höhere Reichweite zu erzielen, verbreiten wir diese Informationen auch in verschiedenen Social Media Kanälen wie Facebook, Twitter, etc.

Mitarbeiter mit einem Headset vor mehreren Monitoren

Entstörungshotline für die Kunden

Wenn es größere Stromausfälle gibt, laufen auch die Telefonleitungen heiß. Bei größeren Versorgungsausfällen rufen meist überproportional viele Kunden auf unserer Entstörungsnummer (Callcenter mit speziell geschulten Agents) an.

Um es konkret zu machen: normalerweise gehen monatlich auf unsere Entstörungsnummer ungefähr 3.000 Störanrufe ein. Beim Sturmtief Ignatz waren es allein 12.000 Anrufe in nur 3 Tagen (21. - 23.10.21), also viermal so viel wie sonst in einem ganzen Monat. Es liegt auf der Hand, dass dann trotz personeller Verstärkung in den Callcentern mit längeren Wartezeiten für die Kunden zu rechnen ist. 

Kunden ohne Strom rufen an, um den Hintergrund zu erfragen und zu erfahren, wann der Strom wieder da ist. Das ist verständlich, zumal viele Kunden auch besorgt sind, zum Beispiel, dass ihr Kühlschrank auftaut oder die Heizungsanlage nicht funktioniert.

Allerdings: unsere Entstörungshotline ist in erster Linie zur Störungsaufnahme und zur Weiterleitung an die für die Reparatur koordinierenden Stellen da. Einschätzungen zu Art, Ausmaß und Dauer der Störung sind für die Kollegen im Callcenter gar nicht möglich. Dies kann nur vor Ort bewertet werden. Zudem werden so die Leitungen blockiert und viele andere Anrufer kommen nicht durch, um ihre Störungen zu melden. Die Folge sind lange Wartezeiten. 

Onlineservices für die Kunden zur Störungsinformation

MITNETZ STROM nutzt daher verstärkt auch das Internet für die Störungskommunikation. Wir informieren bereits seit einiger Zeit bei Großstörungen auch auf unserer Webseite, um Wartezeiten für die Kunden zu vermeiden. Über die eigentliche Internetseite wird dann eine auffällige Lightbox (siehe Bild oben) geschalten. Betroffene Kunden haben hier die Möglichkeit, sich an Hand ihrer Postleitzahl zu informieren, ob bei Ihnen zu Hause eine Störung vorliegt und wenn bekannt, wie lange deren Behebung voraussichtlich dauert. Dieser Service wurde allein beim Sturmtief Ignatz von mehr als 7.300 Kunden in Anspruch genommen.  Übrigens steht der Onlineservice auch unabhängig von größeren Ereignissen jederzeit zur Verfügung und der Kunde kann sich dann zum Beispiel auch über geplante Versorgungsunterbrechungen informieren: Portal Versorgungsunterbrechung


Störungsmeldung auch online einfach möglich

Die Kunden können ihre Störung auch schnell und bequem online melden. Dazu gibt es das auch von MITNETZ STROM initiierte und mittlerweile bundesweit genutzte Portal stromausfall.de. Kunden sparen sich damit den Anruf bei der in kritischen Situationen oft überlasteten Hotline. Auch wenn der Strom zu Hause ausfällt, kann der Service genutzt werden, weil in der Regel noch ein Mobiltelefon mit mobilem Internet zur Verfügung steht, auf dem die Meldung vorgenommen werden kann. Diese kommt dabei genauso zeitnah bei MITNETZ STROM an, als hätten die Kunden  persönlich mit einem Mitarbeiter gesprochen. Gerade bei Großstörungen ist die Onlinemeldung die bessere Wahl für die Kunden, natürlich vorausgesetzt das mobile Internet funktioniert noch und das Smartphone ist aufgeladen.

 

Nach der Störung ist vor der Störung

In der Schaltleitung werden sukzessive die aufgetretenen Störungen, der Verlauf der Behebung und viele andere Daten dokumentiert. Diese Informationen werden später intensiv ausgewertet und genutzt, um Erkenntnisse für die Zukunft abzuleiten. Dieser Schritt ist ein wichtiges Element der Krisennachbereitung. Was genau in dieser letzten Phase passiert, erfahren Sie in der nächsten und letzten Folge unserer Artikelserie.