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P/Q-Monitoring: Frühwarnsystem für das Stromnetz

Die Einspeisung aus Erneuerbaren Energien in das Stromnetz steigt seit Jahren unablässig (siehe auch unser Blogartikel hier). Um dennoch die Netzsicherheit jederzeit zu gewährleisten unternimmt MITNETZ STROM viele Anstrengungen und nutzt dabei diverse smarte Systeme. So wird zum Beispiel das sogenannte P/Q-Monitoring bereits seit vier Jahren als Frühwarnsystem eingesetzt und stetig weiterentwickelt. Bei dem ausgeklügeltem System geht es konkret um die Überwachung der Wirk- und der Blindleistung im Netz – ein wichtiges Thema in Zeiten der Energiewende, wie unser aktueller Artikel zeigt.

Bedeutung von Wirkleistung und Blindleistung 

Aus dem Produkt von Stromstärke und Spannung ergibt sich – rein rechnerisch – die elektrische Leistung. Ihre Maßeinheit ist nach dem schottischen Wissenschaftler James Watt benannt. Soweit reicht meist das Wissen aus dem Physikunterricht. Doch dann wird es etwas komplizierter, denn in Wirklichkeit schlängelt sich nicht eine Leistung durchs Stromnetz, sondern zwei: Die Wirkleistung (P) und die Blindleistung (Q).     

Erstere verrichtet die Wirkarbeit (sie leistet etwas) und wird tatsächlich verbraucht. Sie kommt beim Stromkunden an und lässt Föhne föhnen oder Kühlschränke kühlen. Letztere verrichtet keine Arbeit (sie leistet nichts), wird aber benötigt, um Magnetfelder in Transformatoren, Generatoren und Elektromotoren aufzubauen oder Kondensatoren zu laden.  

Heutzutage werden neue Leitungen in den Mittel- und Niederspannungsnetzen vorwiegend als Kabel verlegt. Diese sind nichts weiter als große Kondensatoren. Die Blindleistung muss im Netz transportiert werden und dabei ruft sie eine Änderung der örtlichen Spannung hervor. Aufgabe der Netzbetreiber ist, die Netze so zu bauen und zu betreiben, dass die Betriebsmittel nicht überlastet werden und überall die Spannung im zulässigen Bereich ist.  

PQ-Monitoring – Frühwarnsystem für Blindleistung  

Die Blindleistung kann, ganz vereinfacht, wie ein Schmiermittel für das Netz. Vorstellen. Es muss immer an der richtigen Stelle zu jedem Zeitpunkt ausreichend zur Verfügung stehen, es darf aber auch nicht zu viel sein. Die Blindleistung hat einen erheblichen Einfluss auf die Spannung im Netz, einem der wesentlichen Parameter im Netzbetrieb.  

Wo früher der Energiefluss nur eine Richtung kannte – nämlich von zentralen Kraftwerken zum Kunden – sorgten jetzt viele kleine Erzeuger und Einspeiser dafür, dass sich die Energieflüsse in den Netzen änderten. „Die Gesamtbelastung des Netzes steigt durch Kunden, die zu Einspeisern werden, etwa mit Balkonkraftwerken. Hinzu kommen immer mehr EE-Anlagen, die Windkraft oder Solarstrom erzeugen und ins Netz abgeben. Parallel dazu gibt es zusätzliche Abnehmer durch Ladesäulen für E-Mobility oder Wärmepumpen“, erklärt Jens Schwedler, Spezial-Referent Assetmanagement bei MITNETZ STROM.  

Der Netzexperte weist auf das damit verbundene Problem hin: „Wenn viel Energie verbraucht wird, haben wir einen Spannungsabfall. Wenn viel Strom eingespeist wird, geht die Spannung hoch. Und das ändert sich auch noch in kurzer Zeit.“  

System um Schnittestellen für Stadtwerke und Industriekunden erweitert

MITNETZ STROM hat deshalb mit dem so genannten P/Q-Monitoring – also die Überwachung der Wirk- und der Blindleistung im Netz – bereits vor vier Jahren ein Frühwarnsystem etabliert, um große Windparks und PV-Anlagen zu kontrollieren. Nun wurde das System für die Schnittstellen zu nachgelagerten Netzbetreibern wie Stadtwerken und Industriekunden weiterentwickelt und steht jetzt kurz vor der Inbetriebnahme. Nach einer halbjährigen Testphase ist der Regelbetrieb dann ab Anfang 2024 geplant. 

Blick auf Monitore der Schaltleitung

Automatisierte Auswertung der Prozesswerte des Netzleitsystems  

„Beim P/Q-Monitoring werden Verknüpfungspunkte überwacht“, erklärt Schwedler und führt aus: „Dabei werden die Prozesswerte des Netzleitsystems automatisiert ausgewertet und die Arbeitspunkte – das Wertepaar zwischen Wirk- und Blindleistung zu einem bestimmten Zeitpunkt – analysiert. Bei Auffälligkeiten erfolgen dann sofort eine Meldung und ein entsprechender Report.“

„In den Hoch- und zunehmend auch den Mittelspannungsnetzen wird die Spannungshaltung immer mehr zur Herausforderung. Die Spannungsqualität für den Endkunden in der Niederspannung ist durch eine Norm geregelt, die EN 50160, welche keine Abstriche zulässt“, erläutert der Netzexperte die Hintergründe.  

„Für uns bedeutet das einen Spagat beim Netzbetrieb: Beim Endkunden muss die korrekte Spannungsqualität anliegen und die Rückwirkung von angeschlossenen Geräten muss berücksichtigt werden. Gleichzeitig erreichen die Betriebsmittel in den bei Spannungsspitzen ihre Grenzen. Außerdem soll das Netz so verlustarm wie möglich betrieben werden. In dieser Gemengelage wird das Einhalten der Spannungsgrenzen und anderer Parameter zunehmend schwieriger.“

Gefahren im Netz durch Dominoeffekte sollen verhindert werden  

„Die nachgelagerten Netzbetreiber wie Stadtwerke und Industriekunden hängen überwiegend an der Hochspannung, kleinere auch in der Mittelspannung. Mit ihnen gibt es Vereinbarungen, wie sie sich verhalten sollen. Nur wenn sich alle Akteure an die vereinbarten Regeln halten ist ein gutes Zusammenspiel gewährleistet“, informiert Schwedler.  

„Das P/Q-Monitoring dient der Überwachung der vereinbarten Grenzen für die angrenzenden Netzbetreiber, aber auch für unser eigenes Netz. Fehlentwicklungen können so rechtzeitig erkannt und gemeinsam mit allen Beteiligten Lösungen für einen stabilen Netzbetrieb gefunden werden. Im Grunde ist es eine Art permanente Vorsorgeuntersuchung“, fasst er zusammen.