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Virtuelles Stromnetz mit digitalen Zwillingen

Seit einigen Jahren verfolgt MITNETZ STROM die Vision eines virtuellen Stromnetzes. Das Ziel ist es, Digitale Zwillinge von allen Umspannwerken und Leitungen zu erschaffen. Hierfür werden die räumlichen Daten dieser Anlagen erfasst und mit Sachdaten angereichert, um ein digitales, dreidimensionales Abbild der realen Netzinfrastruktur zu schaffen.  

„Vorbild dabei ist das Umspannwerk Falkenberg, von welchem wir 2023 einen Piloten realisiert haben. Inzwischen haben wir mehr als 100 Umspannanlagen in unserem Netzgebiet als 3D-Modell generiert.“, berichtet Roberto Löffler, Projektverantwortlicher bei MITNETZ STROM. Parallel würden auch Hochspannungsfreileitungen mittels Laserscanning und der Aufnahme hochauflösender Bilder erfasst.  

In der realitätsnahen Virtualisierung des Netzes und seiner Betriebsmittel sieht der Experte für Geoinformationssysteme große Potenziale. Mithilfe der räumlichen Daten würden Zeit und Aufwand gespart. „Wenn wir früher wissen wollten, welche Schaltanlagen in einem Umspannwerk verbaut sind, mussten wir entweder vor Ort fahren oder mühevoll Pläne und Datenbanken durchforsten. Jetzt genügt ein einfacher Blick auf den virtuellen Zwilling in der Software“, so Löffler.

Umspannwerke lassen sich realitätsnah virtuell „begehen“  

Beim Erstellen der Digitalen Zwillinge werden zunächst einfache Pläne oder stark vereinfachte 3D-Abbildungen verarbeitet. Hinzu kommen dann komplexere Daten, darunter eine virtuelle Geländeoberfläche für das digitale Abbild der Anlage, eine Kontur des umliegenden Geländes mit Gebäuden, Straßen und Vegetation als Orientierung für den Betrachter sowie 3D-Modelle der Betriebsgebäude, Betriebsmittel und sonstiger Objekte wie Blitzschutzmasten oder Zäune. Zudem werden die unterirdischen Leitungen integriert.  

Die Außenanlagen der Umspannwerke Falkenberg, Jessen, Lübben, Uckro, Aue Süd und Herlasgrün sind inzwischen als vollständiges 3D-Modell verfügbar. Sie lassen sich am Computer aus jeder Perspektive betrachten und realitätsnah virtuell „begehen“. Dabei sind alle wesentlichen Details vorhanden, sogar Dächer können aufgeklappt werden. Notwendige Sachinformationen zu den vorhandenen Betriebsmitteln sind im direkten Zugriff abrufbar.  

Doch nicht nur die Außenanlagen wurden modelliert, auch die Innenschaltanlage erhielt ein digitales Abbild. Dazu wurden verschiedenste Datensätze – darunter 3D-Plandaten des Gebäudes, Grundrisse, eine hochaufgelöste Punktwolke von Laserscans, CAD-Daten der Schaltfelder sowie GIS-Daten zu den Leitungsanschlüssen – integriert, um einen vollständigen Digitalen Zwilling zu erstellen. Diese virtuelle Innenansicht lässt sich mit denen von Kulturdenkmälern oder hochwertigen Immobilien vergleichen. Der Nutzer kann sich frei im Raum bewegen und alle Details erkennen.

Digitale Zwillinge unterstützen Projektmanagement  

Dank der Virtualisierung ist die 3D-Bauplanung bei MITNETZ STROM keine Zukunftsmusik mehr, sondern wird zur gelebten Praxis. „Wenn wir Digitale Zwillinge schaffen, die unsere Netzobjekte inklusive aller Sachdaten in 3D abbilden, erhalten wir virtuelle Instanzen der realen Objekte, die auch Echtzeitinformationen liefern. Die naheliegende Idee ist, diese Daten auch beim Überplanen, also beim Ausbauen von Umspannwerken, und beim Planen von Neubauten zu verwenden und damit Zeit und Kosten zu sparen“, erklärt Jens Hache, bei MITNETZ STROM als Projektleiter Digitalisierung zuständig für das Programm „intelligenter Netzbetrieb 2030“.  

Was früher am Reißbrett mit Lineal und Bleistift seinen Anfang nahm und dann am Computer für jede einzelne Zeichnung in Grafiken übertragen wurde, würde durch ein 3D-Modell erheblich anschaulicher und zudem noch wesentlich informativer, da alle relevanten Daten hinterlegt werden können. Die Vorteile liegen auf der Hand: Bereits vorab lässt sich alles realitätsnah anschauen und mit Fachfirmen und Entscheidungsträgern besprechen.  So können sich Kommunen zum Beispiel einen Eindruck verschaffen, wie ein geplantes Umspannwerk oder eine Leitung sich in ihre Gemeinde einfügen würde.  

Effizientere Standortsuche mittels Geoinformationen  

Ein weiterer Usecase ist das Finden geeigneter Standorte für neue Netzanlagen. MITNETZ STROM nutzt dabei neben eigenen auch Daten der Landesämter für Geoinformation, welche in die digitalen Modelle migriert werden. Bis zu einem bestimmten Detailgrad werden aktuelle Livedaten durch die Behörden kostenlos zur Verfügung gestellt. „Diese Informationen sind unter anderem sehr nützlich bei der Antwort auf die Frage, wohin man ein Umspannwerk bauen könnte“, erklärt Löffler.  

Flurstückinformationen wie Flächengrößen, Eigentümer, Wegerechte, Naturschutz- oder Überschwemmungsgebiete usw. bieten Erkenntnisse darüber, wo überhaupt gebaut werden kann. Entsprechende Farben illustrieren dies. Von Rot (nicht möglich), über Gelb (eventuell möglich) und Grün (geeignet) bis hin zu Blau (Gewässer) werden die Grundstücke von der Software gekennzeichnet. Dabei enthalten die Geländemodelle sowohl geografische (Erhebungen, Senken, Ebenen) als auch infrastrukturelle (Straßen, Gebäude, Leitungen, Bäume) Daten. 

Baukostenplanung dank digitaler Modelle  

Auch für eine Abschätzung der Baukosten sind die digitalen Modelle nützlich, sofern Preisinformationen einzelner Komponenten hinterlegt sind. Basis ist der europäische Standard BIM (Building Information Modeling = Bauwerkinformationsmodellierung). Er beschreibt die vernetzte Planung, den Bau und die Bewirtschaftung von Gebäuden und anderen Bauwerken mithilfe von Software. So können Kosten und Struktur eines Gebäudes virtuell abgebildet werden. „Die Integration unserer Betriebsmittel in den BIM-Standard ist eine der kommenden Aufgaben“, erklärt der Experte.  

„Die Gebäude werden durch unser Immobilienmanagement geplant“, sagt Löffler. Dabei würden Kosten für Elemente wie Fenster, Türen, Dächer oder Baustoffe hinterlegt. Um einen möglichst genauen Preis für das ganze Umspannwerk zu bekommen, sei es jedoch darüber hinaus notwendig, diese Daten mit den Informationen zu Schaltanlagen zu verschmelzen. Am Ende stünden dann genügend Zahlen zur Verfügung, um eine grobe Kostenschätzung zu ermöglichen.