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Fliegende Augen haben das Stromnetz im Blick

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Die Zahl der Drohnen am Himmel über Deutschland hat in den vergangenen Jahren rasant zugenommen. Inzwischen sind laut des Verbandes unbemannte Luftfahrt VUL mehr als 415.000 unbemannte Luftfahrzeuge  im Umlauf. Dabei erfährt die kommerzielle Nutzung von Drohnen immer stärkeren Zuspruch: Seit 2019 hat sich deren Anteil verdreifacht. Im gleichen Jahr startete auch MITNETZ STROM ein Pilotprojekt mit Flugrobotern und seit 2020 werden diese regelmäßig für die Inspektion der Stromleitungen und Anlagen sowie bei der Störungsaufklärung im Verteilnetz eingesetzt.  

26 Drohnen und 65 ausgebildete Piloten bei MITNETZ STROM  

Damit gehört MITNETZ STROM bundesweit zu den Vorreitern beim Einsatz der Fluggeräte. Inzwischen beschäftigt der Netzbetreiber 65 ausgebildete Drohnenpiloten, die über das so genannte A2-Fernpilotenzeugnis verfügen. Diese steuern insgesamt 26 verschiedene Drohnen, darunter Modelle wie DJI Matrice M30, DJI Mini 3 Pro, DJI Mavic 2 Pro oder DJI Mavic 3 Enterprise. Verantwortlich ist Jens Hache, der als Projektleiter Digitalisierungsprojekte zuständig für das Programm „intelligenter Netzbetrieb 2030“ und damit für die Koordination, Pilotierung und Umsetzung verschiedener Anwendungsfälle rund um die Digitalisierung ist.

„Die Vorteile von Drohnen liegen auf der Hand“, sagt er. „So können zum Beispiel flexibel Schäden an den Leitungen in großer Höhe direkt aus der Nähe begutachtet und sofort notwendige Maßnahmen eingeleitet werden. Gerade bei schwer zugänglichem Terrain oder wenn es schnell gehen muss spielen Drohnen ihre Vorteile aus und sind aus dem Arbeitsalltag kaum noch wegzudenken. Sie erkennen sogar mithilfe von Thermovision Hot-Spots bei Verbindern und Klemmen. Auch in Umspannwerken lassen sich bei einer Kontrolle so schnell Auffälligkeiten detektieren.“  

Zyklische Regelinspektion im Hochspannungsnetz  

Bisher wird das überirdische Stromnetz regelmäßig mit dem Helikopter abgeflogen und auf Schäden kontrolliert – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Umwelt. „Darüber hinaus gibt es regelmäßige Begehungen zu Fuß und im Zweifelsfall werden die Masten beklettert, um sie auf Schäden zu kontrollieren“, erläutert der Projektleiter. „Dieser Aufwand kann durch den Einsatz von Drohnen signifikant gesenkt werden.“

Dabei greift MITNETZ STROM in drei Anwendungsfällen auf die unbemannten Flugkörper zurück: Bei der störungs- und ereignisbedingten Inspektion wie etwa bei Stromausfällen, bei der planmäßigen Inspektion mit teilautomatisierten Drohnen und bei der Thermovision, also dem Einsatz von Wärmebildkameras, die Wärmestrahlung auch bei völliger Dunkelheit erkennen. „Während die störungs- und ereignisbedingte Inspektion auch im Mittelspannungsnetz durchgeführt wird, bleibt die zyklische Regelinspektion zunächst auf das Hochspannungsnetz begrenzt, damit Aufwand und Nutzen in einem gesunden Verhältnis stehen“, so Hache.  

15 Kilometer pro Stunde in ungefähr 35 Metern Höhe  

Den Ablauf eines ferngesteuerten Drohnenfluges beschreibt der Experte folgendermaßen: „Zunächst wird die Drohne manuell gestartet. Anschließend wird sie kalibriert. Danach werden vier bis sechs Masten auf einer vordefinierten Route entlang der Spannfelder abgeflogen und kontinuierlich Fotos der points of interest – POI – gemacht“, erklärt er. Mit einer Geschwindigkeit von etwa 15 Kilometern pro Stunde und in einer Flughöhe von ungefähr 35 Metern fliegt die Drohne die Freileitungstrassen ab und machen dabei Bilder von den Seilen, Masten und Traversen. Der Radius ist dabei aus Sicherheitsgründen begrenzt, denn sie muss bis dato immer in Sichtweite des Bedieners sein. Im Zusammenspiel mit externen Drohnendienstleistern fliegen wir auch außerhalb der Sichtweite, so dass der Dienstleister je nach Genehmigungslage die Bilder tlw. noch schneller sammeln kann.  

Durch die einheitlichen, wiederholbaren Perspektiven wird eine Vergleichbarkeit der Bilder hergestellt und Abweichungen können leichter identifiziert werden. Dazu werden die entstandenen Aufnahmen automatisiert in der iPEN-Cloud (Informationsplattform Energienetze) gespeichert und für die anschließende Inspektion am Monitor bereitgestellt.  

Mehr als zehn Masten können pro Stunde überprüft werden  

Dabei setzt MITNETZ STROM zur Unterstützung und Automatisierung auch Künstliche Intelligenz (KI) ein. „Die KI analysiert die Bilder entsprechend eines antrainierten Algorithmus. Bei dieser automatisierten Inspektion stehen wir aber noch am Anfang“, erklärt der Projektleiter. „Wir haben einen Katalog von 200 Fehlern erarbeitet, von denen die KI erst einen Bruchteil zuverlässig erkennt.“ Anschließend werden die Bilder dann von entsprechend geschulten Mitarbeitern ausgewertet, um weitere Probleme zu detektieren und Instandhaltungs- oder Investitionsmaßnahmen zu planen. Dabei entstehe wiederum neues Trainingsmaterial für die KI.  

Für den teilautomatisierten Einsatz in der Inspektion von 110-kV-Hochspannungsmasten hat Hache einige Zahlen ermittelt, die die Effektivität der Drohnen eindrucksvoll veranschaulichen. So werden durchschnittlich fünf Masten pro Flugeinheit beflogen, die Datenerhebung dauert im Schnitt zwei Minuten pro Mast, dabei werden 20 Bilder aufgenommen, für deren Auswertung mithilfe von KI rund 0:14 Minuten pro Mast benötigt werden. Schließlich ergibt sich eine virtuelle Inspektionszeit inklusive Qualitätssicherung und Ergänzungen von knapp sechs Minuten pro Mast. „Wir können damit für zirka zehn Masten pro Stunde die Daten erheben und anschließend wiederum in rund einer Stunde die Daten zusammen mit unserem Dienstleister analysieren und auswerten“, resümiert der Projektleiter.