Ortsnetz entkoppelt, Nachwuchs interessiert, Dienstleister zufrieden
Windstärke und Sonnenscheindauer sind unberechenbare Komponenten beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Die volatile Einspeisung des Stroms aus diesen Quellen lastet Hoch- und Mittelspannungsnetze unterschiedlich stark aus – mit negativen Folgen für die Spannungsqualität in den Ortsnetzen. Dabei sind diese durch das zunehmende Laden von Elektroautos und den vermehrten Einsatz von Wärmepumpen sowieso schon stark beansprucht. In der Folge können Stromausfälle oder Schäden an elektrischen Anlagen auftreten.
Feldversuch im Rahmen von „FlexNet-EkO“
MITNETZ STROM arbeitet deshalb seit Anfang 2019 in dem vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projekt „FlexNet-EkO – Flexibilisierung des Netzbetriebs durch entkoppelte Ortsnetze“ an einer leistungselektronischen Kupplung. Weitere Partner sind die Hochschule Mittweida, die Maschinenfabrik Reinhausen und die TU Dresden. Ein Meilenstein des Projekts wurde am 28. September 2022 gesetzt. Beteiligte Partner, Vertreter der Gemeinde, Journalisten sowie zwei 10. Klassen der Oberschule kamen in der Gaststätte „Zum Goldenen Löwen“ in Niederbobritzsch zusammen, um sich über den Dauer-Feldversuch zu informieren.
Neben Dirk Sattur, Technischer Geschäftsführer bei MITNETZ STROM, und Bürgermeister René Straßberger ließen sich die Anwesenden von Projektleiter Jens Schwedler auf unterhaltsame, anschauliche Weise das Projekt, seine Rolle im künftigen Stromnetz sowie erste Ergebnisse näherbringen. Dabei stand die vor drei Monaten in Betrieb genommene Containerstation mit einer leistungselektronischen Netzkupplung im Fokus.
„Die Netzqualität hat sich sogar verbessert"
„Rund 230 Netzkunden sind an das entkoppelte Ortsnetz angeschlossen. Die Anlage ist jetzt seit einigen Monaten im Dauerbetrieb und funktioniert sehr gut. Es sind weder Probleme aufgetreten, noch konnten wir Störungen feststellen. Im Gegenteil: Laut unseren Daten hat sich die Netzqualität sogar verbessert“, erklärte Jan Schönfeld, zuständiger Feldtestleiter bei MITNETZ STROM. In der Vergangenheit sei es im Ortsnetz von Niederbobritzsch, einem Ortsteil der Kommune Bobritzsch-Hilbersdorf, immer mal wieder zu Schwankungen gekommen, die jetzt nicht mehr auftreten würden, berichtete der Feldtestleiter. Die Baumaßnahmen zur Errichtung der Containerstation waren im April 2021 begonnen worden.
„Danach folgten langwierige und umfangreiche Schutzprüfungen sowie Tests der Mess-, Steuerungs- und Leittechnik, die mit äußerster Sorgfalt ausgeführt werden mussten“, so Schönfeld. „Wir haben Trockenübungen mit einer so genannten Lastbank mit 300 Kilowatt durchgeführt, um höchste Funktionalität, Sicherheit und Zuverlässigkeit der Anlage sicherstellen zu können.“ Ziel der innovativen technischen Lösung ist es, das Ortsnetz und damit die Netzkunden noch sicherer und zuverlässiger mit Strom aus erneuerbaren Energien zu versorgen. „Die Containerstation trägt erheblich zur Verbesserung der Versorgungsqualität bei und macht das Ortsnetz von Niederbobritzsch deutlich stabiler und unabhängiger“, bekräftigte Sattur.
Batteriespeicher puffert Solarenergie
„Die Anlange verfügt über einen Batteriespeicher mit einer Kapazität von 200 Kilowattstunden. Dieser kann die Solarenergie, die tagsüber aus den umliegenden Anlagen eingespeist wird, puffern. Abends, wenn zum Beispiel Elektrofahrzeug-Besitzer auf den Grundstücken in der Umgebung ihre Autos laden wollen, wird der Strom dann wieder abgegeben. Damit wird dem typischen Ladeverhalten des Ortsnetzes Rechnung getragen“, beschreibt der Geschäftsführer die Vorteile des Projekts für den Alltag der Bürgerinnen und Bürger. Ein weiterer Vorteil des Speichers sei die Möglichkeit, bei Stromausfällen im vorgelagerten Mittelspannungsnetz Niederbobritzsch zumindest für kurze Zeit weiter mit Strom versorgen zu können, ergänzt Schönfeld.
Beim Vor-Ort-Termin betonte Sattur zudem an die Schüler gerichtet die Notwendigkeit begeisterungsfähiger Nachwuchskräfte, sowohl im operativen Betrieb als auch in der Planung. Anschließend wurden die Gäste gruppenweise durch den Container, zum Kabelmesswagen und zu einem Monteurs-Fahrzeug geführt. Danach ging es zum bze-Stand, an dem auch die virtuelle Muffen-Montage ausprobiert werden konnte. Trotz des zeitweisen Regens zeigten sich große wie kleine Besucher sehr interessiert und hatten besonders viel Spaß mit der VR-Brille. Einige Schüler nahmen sogar das Angebot wahr, nach Schulschluss noch mal vorbeizukommen und sich abseits der VR-Session auch über die Ausbildungsangebote von MITNETZ STROM und der Hochschule Mittweida zu informieren.